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Workshop 2 – „Virtuelle Realität und das reale Leben“

Workshop 2 – „Virtuelle Realität und das reale Leben“

Workshop 2 Uhren, Brillen, virtuelle Sensationen – was geschieht dabei mit den Menschen und wie kann man das Virtuelle im Realen verstehen? Fotos: Christian Reinhold (LMZ), Text: Stephanie Woessner.

Virtuelle Realität und das reale Leben

Zum Thema Augmented und Virtual Reality und deren Potenziale im Bildungsbereich referierten am Safer Internet Day 2017 der Informatiker Jonas Roth und Diplom-Sozialpädagoge Steffen Griesinger. Von Augmented Reality wird gesprochen, wenn digitale Informationen über die reale Welt projiziert werden, wie es zum Beispiel beim Projekt der Microsoft HoloLens der Fall ist. D.h. der Nutzer sieht die reale Welt vor sich und es werden digitale Informationen eingeblendet. Bei Virtual Reality hingegen verlässt man sozusagen die reale Welt und taucht in eine virtuelle Realität ein, indem man durch eine VR-Brille in diese Welt schaut, und dies aus einer Perspektive, die den Eindruck vermittelt, dass man direkt im Geschehen steht.

Jonas Roth eröffnete das Forum mit interessanten Informationen zur Entwicklung der virtuellen Realität seit Anfang der 90er-Jahre. Er berichtete über die ersten Projekte mit der virtuellen Realität, u.a. CAVE (1992) und Virtual Boy (1995), die allerdings nicht sehr erfolgreich waren, jedoch Entwickler dazu animierte, am Ball zu bleiben. 2012 tauchte das erste Modell von Oculus auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter auf, 2014 und 2015 kamen die Entwicklermodelle vom Oculus Rift und der HTC Vive auf den Markt. Seit 2016 können auch Normalsterbliche die beiden Modelle offiziell kaufen.

Jonas Roth lud alle Teilnehmer/innen zu den monatlich in Stuttgart stattfindenden VR/AR-Meetups ein, wo man selbst einen Ausflug in die virtuelle Realität machen kann, ohne sich gleich eine eigene VR-Brille kaufen zu müssen. Außerdem kann man sich so mit anderen austauschen und sich über unterschiedliche VR-Szenarien und Modelle informieren.

Die Potenziale der VR-Brillen für die Bildung liegen auf der Hand: Lernen wird interaktiv, das bisher Unmögliche, z.B. der Blick in ein menschliches Herz aus der Nähe, ist plötzlich möglich. Außerdem fördern VR-Brillen die Sozialisierung, da sie soziale Interaktion mit anderen Nutzerinnen und Nutzern und sogar über Ländergrenzen hinweg ermöglich. Schließlich bieten sie die Möglichkeit, weit entfernte und unerreichbare Orte zu erleben, auf Zeitreise, z.B. ins alte Rom, zu gehen und durch „Erfahrungen“ zu lernen anstatt aus Büchern. Wenn man noch einen Schritt weiter geht, kann man mit VR sogar seiner Kreativität freien Lauf lassen und dreidimensionale Objekte oder sogar Welten erschaffen, in denen man sich bewegen kann.

Problematisch wird es jedoch, wenn es um virtuelle Situationen geht, die Phobien oder Übelkeit auslösen, weil der Körper nicht damit klarkommt, dass das, was zu sehen ist, nicht der Realität entspricht. Außerdem kann VR dazu führen, dass sich jemand bewusst von der Realität abwendet und sich sozial isoliert. Genauso können andere Lernende ausgegrenzt werden, weil sie z.B. keinen Zugang zur Technologie haben. Die Angst, dass VR krank mache oder das Sehvermögen beeinträchtige, wies Jonas Roth jedoch kategorisch zurück. Allerdings bestehe momentan bei VR-Apps mit Interaktionspotenzial noch die Herausforderung die Nutzer/innen ausreichend zu schützen, weil es noch keine offiziellen Kontrollmechanismen zum Jugendmedienschutz gibt.

Momentan, so Steffen Griesinger, sei es noch ein Problem, gute Plattformen zu finden, die über das Experimentierstadium hinausgehen. „Weder die Technologie noch die Standards sind verlässlich und vieles verschwindet schnell wieder vom Markt.“ Manchmal würden Anwendungen nach dem Testzeitraum auch schlichtweg zu teuer für den Bildungsbereich. Daher hatten die Referenten Beispiele mitgebracht, die einen Einblick in die Vergangenheit gewähren und als Denkanstoß für neue Projekte dienen können. Im Bereich der Augmented Reality wurden die Projekte Streetart meets AR und Wildes LU vorgestellt. Außerdem wurde auf eine aktuelle Aktion bei McDonalds hingewiesen: ein Bilderbuch mit AR-Inhalten.

Zum Erstellen von eigenen AR-Inhalten wurde die App namens Aurasma empfohlen, mit der man virtuelle Inhalte über die reale Welt blenden kann, indem man als Auslöser (Trigger) ein Bild verwendet, welches ähnlich eines QR-Codes gescannt wird und so die Anzeige des virtuellen Inhalts auf einem mobilen Gerät auslöst. Griesinger prophezeite, dass auch die Schulbuchverlage das Thema Augmented Reality in Zukunft aufgreifen werden.

Zu Virtual Reality wurde vor allem das Projekt „Mein Guckkasten“ vom Haus der Medienbildung erwähnt. Das auf der Idee des Google Cardboards basierende Konzept ermöglicht die einfache Anfertigung einer VR-Brille aus einem Pizzakarton innerhalb von etwa 2 Stunden. Die Schnittvorlage kann heruntergeladen werden und die notwendigen Linsen kann man günstig über Epic Stuff beziehen.

Ideen für die Anwendung gibt es viele. So kann man zum Beispiel mit Hilfe der Photosphere-App von Google einfach eigene 360°-Panoramabilder erstellen und mit der Google Cardboard-App und dem Guckkasten anschauen. In diesen Fotos kann man beispielsweise Gegenstände verstecken, die fehl am Platz sind und der Betrachter muss diese finden. Auch sind Rollenspiele über VR wie der VR-Act denkbar, in dem Regeln für die Zukunft debattiert werden. 

Wer lieber virtuelle Welten gestalten möchte, kann dies zum Beispiel ganz einfach mit dem Spiel Minecraft tun. Wer allerdings die gebaute Welt auch virtuell erleben möchte, kommt mit einem Cardboard nicht weit: hier bedarf es entweder einer Oculus Rift-Brille oder zumindest einer Gear VR mit passendem Samsung-Smartphone, sodass die Oculus-Plattform genutzt werden kann.

Jonas Roth ist Mitorganisator der Virtual & Augmented Reality Meetups in Stuttgart und Mitgründer der Agentur Jumping Llamas, die Spiele und Anwendungen im Bereich VR entwickeln. Während Roths Meetup-Veranstaltungen tauchen Interessierte in virtuelle Realitäten ein, tauschen sich untereinander aus und erhalten Raum, die neuesten technischen VR/AR–Anwendungen auszuprobieren.

Steffen Griesinger experimentiert mit den Gestaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten neuer Medien, um daraus Ansätze für die Medienkompetenzbildung zu entwickeln. Griesinger leitet das Haus der Medienbildung unter dem Dach von medien+bildung.com in Rheinland-Pfalz.

Kontakt

Medienpädagogische Beratungsstelle
0711 2850-777
beratungsstelle@lmz-bw.de