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Karlsruhe / LEARNTEC 2016

Tag der Medienkompetenz: Karlsruhe/LEARNTEC 2016

Immer neue Rekorde, immerzu neue Entwicklungen, kaum dass wir die bisherigen wahrgenommen haben, und immer vernetzter, individuell flexibler handhabbar und globaler. Beim Medienkompetenztag des Stadtmedienzentrums Karlsruhe (am 28. Januar 2016, im Rahmen der Bildungsmesse Learntec) wurde deutlich, dass es gerade neue Informations- und Kommunikations-Technologien sind, die Lehren und Lernen vor neue Herausforderungen stellen. Professor Dr. Peter Henning Leiter des Institute for Computers in education an der Hochschule Karlsruhe und Mitglied des Kongresskomitees der Learntec, betonte dabei: „ Die Bildungspläne halten mit dem Wissenszuwachs und der technologischen Entwicklung nicht Schritt. Schule kann heute nicht für sich in Anspruch nehmen, dass sie Schüler auf das digitale Leben vorbereitet“.

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    3 Milliarden Internet-User weltweit
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    Bessere Lernergebnisse mit digitalen Medien
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    Thissen: Lehrkräfte zukünftig keine Wissensvermittler mehr
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    Grundbedürfnisse: eigene Kompetenz, Autonomie und soziales Eingebundensein erleben
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    Im Fokus: der Bildungsplan 2016

3 Milliarden Internet-User weltweit

Professor Henning zeichnete ein vielschichtiges Bild der technologischen Entwicklung. Den mobilen Geräten und deren Zugang zum Internet komme dabei eine zentrale Rolle zu. So nutzen derzeit etwa 3 Milliarden Menschen weltweit das Internet und demnächst werden wir 500 Milliarden Endgeräte weltweit haben, die sich allesamt vernetzen können. Schon die schieren Zahlen sind bemerkenswert. „Keine Wissenschaft, kein erfolgreiches weltweit agierendes Unternehmen und kein Handwerk ist heute noch denkbar ohne Computer und Internet“, so Henning. Das verändere Arbeitsweisen fundamental, indem beispielsweise auf Plattformen wie www.arXiv.org wissenschaftliche Beiträge frei zur Verfügung gestellt werden oder auf www.stackoverflow.com Entwickler aus verschiedenen Ländern übers Internet gemeinsame Projekte realisieren. Wie umfassend Informations- und Kommunikations-Technologien in Industrie und Dienstleistungen Einzug gehalten haben, zeigt sich laut Professor Henning u.a. daran, dass zum Beispiel im Jahr 2016 etwa 90 Prozent aller Fahrzeuginnovationen auf Informatik-Anwendungen beruhen – an der Hardware ändert sich nicht mehr viel, jedoch software-seitig permanent.

Bessere Lernergebnisse mit digitalen Medien

Neue Technologien wirken sich auch auf das Lernen aus. „Seriöse Studien zeigen, dass mit digitalen Medien bessere Lernergebnisse erzielt werden“, so Peter Henning. Patentrezepte für den Einsatz dieser Medien und Technologien in Lehr-Lernszenarien gebe es allerdings nicht. Zu den sichtbaren Trends auf der Learntec im Bereich der Bildungstechnologien zählen „Serious Games“, ernsthafte Spiele, bei denen das reine Spielerlebnis nicht im Vordergrund steht, sondern die Erkenntnis, dass der homo sapiens in einem Spielekontext durch die direkte Anwendung von Wissen leichter und lang anhaltender lernt. Dabei wird der Lerneffekt durch den Spaß am Spiel unterstützt. Hier gelte es auch das Thema „Virtual Reality“ in den Blick zu nehmen. Der Simulation und Visualisierung von Abläufen komme eine immer größere Bedeutung zu. „I&K-Technologien und Medien ermöglichen gewinnbringend die Personalisierung und Individualisierung von Lernprozessen bei gleichzeitiger Vernetzung und vielfältigem Austausch mit anderen“

Das Fazit von Peter Henning lautet: Informatik muss Schulfach werden und zwar nicht als Programmiersprachenschulung, sondern um Verständnis für Abläufe und Prozesse (z.B. Navigation, MP3-Kompression) für Datensemantik, Mobilkommunikation, Sicherheit und Datenschutz etc. zu entwickeln. „Es ist ein Weiterdenken angesagt über die Medienbildung hinaus“.

Thissen: Lehrkräfte zukünftig keine Wissensvermittler mehr

Ganz ähnlich argumentierte auch Prof. Frank Thissen von der Hochschule der Medien in Stuttgart. Er prophezeite: „Internet wird in ein paar Jahren sein wie heute der Strom. So wenig wie wir uns heute ein Leben ohne Elektrizität vorstellen können, so wenig werden wir ohne Internet leben können.“ Das Internet enthalte unvorstellbar viele Daten und Informationen. „Während 45 Minuten Unterricht werden auf YouTube so viele Dateien hochgeladen, dass man zweieinhalb Jahre bräuchte, um sie anzusehen“. Das bedeute, dass die Rolle des Lehrers sich dramatisch verändert, für die reine Wissensvermittlung bräuchten ihn die Schülerinnen und Schüler nicht mehr. Hier leisteten Erklärvideos gute und z.T. bessere Arbeit als Lehrkräfte. Exploration, Kommunikation und Reflexion seien vielmehr die Elemente, die Lehrer anregen, ermöglichen und begleiten müssten. „Wir müssen Kinder auf Berufe vorbereiten, die wir vielfach noch nicht kennen“, so Frank Thissen. Er bezog sich auf Tony Wagner, der in seinem Buch The Global Achievement GAP fordert, dass Schüler, Auszubildende und Studierende lernen müssen, die richtigen Fragen zu stellen. Sie müssten nicht alles wissen, aber sie müssten bereit sein, Lösungen zu suchen für komplexe Probleme und die richtigen Fragen zu stellen. Dazu bräuchten sie vor allem Kreativität, Neugier, Offenheit, die Fähigkeit zur Kommunikation und die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.

Grundbedürfnisse: eigene Kompetenz, Autonomie und soziales Eingebundensein erleben

Dafür eigneten sich Tablets als Werkzeuge ausgezeichnet. Sie ermöglichen hohe Flexibilität in der Nutzung – indoor wie outdoor – vereinigen verschiedenste Funktionalitäten (Foto, Video, Texterfassung, Kommunikation, Recherche im Netz, Orientierung im Gelände, Rechnen, Schreiben, Lesen) und seien so zur Exploration, Reflexion und Problemlösung die Mittel der Wahl. Thissen identifizierte im Wesentlichen drei Grundbedürfnisse von Schülern: Eigene Kompetenz erleben, Autonomie erleben und das Soziale Eingebundensein. Mit einem entsprechenden didaktischen Konzept ermöglichen mobile digitale Geräte die Erfüllung genau dieser Grundbedürfnisse. Lerner könnten sich als autonome und kompetente Wesen erleben. Dabei seien Lehrer wichtig als Begleiter, Hinweisgeber und Feedbacker. Einen Rat legte Professor Thissen besonders ans Herz: „Machen Sie es nicht als ‚Dessert‘, nur als Sahnehäubchen, sondern nutzen sie die mobilen Geräte didaktisch geplant, in sinnvollen Szenarien und systematisch. Erst dann entfalten sie ihre Potenziale.“ Die Gedanken Professor Thissens können Sie auf seiner Website www.frank-thissen.de vertiefen.

Weitere Informationen zum Tablet-Einsatz im Unterricht lesen Sie hier.

Im Fokus: der Bildungsplan 2016

Neben diesen Vorträgen wurde beim Medienkompetenztag in Karlsruhe auch die Leitperspektive Medienbildung im neuen Bildungsplan 2016 sowie das Referenzschulmodell des LMZ für Grundschulen vorgestellt. In praxisorientierten Foren wurde außerdem zu folgenden Themen gearbeitet:

  • Mobiles Lernen an Schulen in Karlsruhe - Ziele, Status- und Erfahrungsberichte. Es berichteten unter anderem Lehrkräfte aus der Ernst-Reuter-Schule/GMS, der Drais-Gemeinschafts- und Realschule, der Rennbuckel-Realschule, der Friedrich-List-Schule/Kaufmännische Berufsschule und dem Helmholtz-Gymnasium.
  • Jugendliche Medienwelten: WhatsApp, youtube, Instagram & Co. Julia Müter (LMZ-Referentin) erläuterte wie diese und andere Themen gerade im Hinblick auf die neuen Bildungspläne im Unterricht aufgegriffen werden können.
  • Unterstützungsangebote für die Medienbildung in der Schule: Arbeits- und Angebotsschwerpunkte des SMZ Karlsruhe.
  • Differenzieren mit Erklärvideos . Felix Fähnrich und Carsten Thein, Lehrer am Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium (WHG) in Durmersheim demonstrierten Erstellung und Nutzung von Erklärvideos im Unterricht.

Kontakt

Medienpädagogische Beratungsstelle
0711 2850-777
beratungsstelle@lmz-bw.de