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Heidenheim 2015
Kultusminister erklärt Leitperspektive „Medienbildung“
Im Schuljahr 2016/17 kommt einiges auf Baden-Württembergs Schulen zu: unter anderem der neue Bildungsplan mit der Leitperspektive Medienbildung. Wie vor allem Grundschulen die Leitperspektive Medienbildung in die Praxis umsetzen können, wurde auf dem Medienkompetenztag in Heidenheim ausführlich besprochen. Kultusminister Andreas Stoch erklärte in seiner Begrüßungsrede und im Audio-Interview, was es mit der Leitperspektive auf sich hat.
Das Klassenzimmer der Maria-von-Linden-Schule war gut gefüllt, als Viktor Wagner, der Leiter des Kreismedienzentrums (KMZ) Heidenheim, die anwesenden Gäste zum Auftakt der Fortbildungsreihe „Medienoffensive Grundschule“typo3/ begrüßte. Zu den Ehrengästen zählten am 11. Dezember 2015 der Kultusminister Baden-Württembergs Andreas Stoch, selbst gebürtiger Heidenheimer. In seiner Eröffnungsrede ging Andreas Stoch auf einige der Auswirkungen der Digitalen Revolution ein, unter anderem zeige sich die neue Entwicklung am Freizeitverhalten gerade von Kindern und Jugendlichen: „Wenn wir einen Urlaub buchen, dann lautet die erste Frage meiner Kinder, ob es da WLAN gibt“.
- 1Stoch: Medienbildung als Querschnittskompetenz
- 2Medienbildung in Grundschulen verpflichtender Bestandteil
- 3Wolfgang Kraft: Heidenheim eine „Keimzelle der Medienbildung“
- 4Medienbildung: großer Wandel mit kleinen Schritten
- 5Aktive Medienarbeit: Leitperspektiven im Verbund anwenden
- 6Medienbildungskonzepte müssen sukzessive wachsen
- 7Vom 3D-Drucker bis zur Trickfilmbox: Medien in der Praxis
- 8Von der Filmrolle über die DVD bis zum Online-Verleih
- 9Unterrichtsbegleitende Beratung: Technik und Kollegen zum „Ausleihen“
- 10Pilotprojekt: individuelle Lehrerbegleitung war notwendig
Stoch: Medienbildung als Querschnittskompetenz
Andreas Stoch betonte angesichts der Tatsache, dass die meisten Berufsbilder zukünftig Medienkompetenz voraussetzen, dass Medienbildung ein „selbstverständlicher Teil des Unterrichts“ werden muss. Dies wird mithilfe des neuen Bildungsplans und der Leitperspektive Medienbildung, die ab dem Schuljahr 2016/17 in Kraft treten, umgesetzt. Andreas Stoch ging darauf ein, dass für viele der Begriff „Leitperspektive“ zu abstrakt ist und veranschaulichte ihn daher kurz. Bei den Inhalten der „Leitperspektiven“ handele es sich um Querschnittskompetenzen, die in allen Fächern vermittelt werden sollen. Der Kultusminister verwies darauf, dass diese Themen spiralcurricular über alle Klassenstufen hinweg vermittelt werden. Das heißt, dass diese Kompetenzen wie in einer Spirale anwachsen und aufeinander aufbauen. Insgesamt sechs solcher Leitperspektiven, die auch Schnittmengen aufweisen, sind in den neuen Bildungsplänen vorgesehen. Mehr zur Leitperspektive Medienbildung und zur Medienbildung in den einzelnen Fächern unter www.bildungsplan2016.lmz-bw.de.
Medienbildung in Grundschulen verpflichtender Bestandteil
Angesichts der immer jünger werdenden Nutzer von Smartphones und anderen mobilen Geräten, hat das Kultusministerium das Landesmedienzentrum bereits vor drei Jahren mit dem Projekt Medienbildung in der Grundschule beauftragt. „Die Ergebnissen des Projektes zeigen“, so Andreas Stoch, „dass Medien im Grundschulalltag keine zusätzliche Belastung bedeuten müssen, sondern für die Lehrkräfte eine Arbeitserleichterung bringen“. Klar sei aber auch, dass Grundschulen derzeit eine intensive Betreuung und Beratung benötigen. Deshalb soll langfristig jede Grundschule von einem Multimediaberater unterstützt werden. Weiterhin wird an jedem Kreismedienzentrum ein Berater/eine Beraterin ausschließlich für Grundschulen zur Verfügung stehen. Ihm sei klar, so Andreas Stoch, dass Grundschullehrkräfte unmöglich noch nebenher den „IT-Ingenieur“ geben könnten. Um ein verlässliches, landesweit verfügbares und standardisiertes Angebot für Grundschulen vorzuhalten, wird das Landesmedienzentrum eine Netzwerklösung anbieten, die die Fernwartung des Schulnetzes an Grundschulen ermöglicht. Außerdem sollen in allen Landkreisen Referenzschulen für die Medienbildung in der Grundschule gewonnen werden, die anderen Schulen im Umkreis mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sobald die technische Ausstattung an Grundschulen ausreichend vorhanden ist, wird die Medienbildung für Grundschulen verpflichtend sein, so der Minister. Die Kommunen hätten die Unterstützung des technischen Ausbaus bereits zugesagt.
Audio-Interview mit Andreas Stoch
Die Kindermedienland-Redaktion hat Kultusminister Andreas Stoch am Rande der Veranstaltung noch einige Fragen gestellt. Hier kann man die Audio-Datei herunterladen (MP3).
Wolfgang Kraft: Heidenheim eine „Keimzelle der Medienbildung“
Der Direktor des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg, Wolfgang Kraft, bezeichnete das KMZ Heidenheim als eine „Keimzelle der Medienbildung“, sind dort doch schon seit Jahren wichtige Pilotprojekte – zur Grundschule und zum Tableteinsatz – angesiedelt. Die anstehenden Bildungspläne, so Wolfgang Kraft, seien mit der Leitperspektive Medienbildung die richtige Antwort auf die Medien- und Wissensgesellschaft, in der wir heutzutage leben. Wolfgang Kraft versicherte, dass das Landesmedienzentrum auf die neuen Bildungspläne bestens vorbereitet ist: unter www.bildungsplan2016.lmz-bw.de wird bereits ein umfangreiches Unterstützungsangebot für Lehrkräfte angeboten. Als weitere Schritte nannte Wolfgang Kraft den Aufbau einer technischen Beratungsstelle für Grundschulen sowie eine Netzwerklösung für Grundschulen, die für 375 Euro im Jahr angeboten wird. Zusätzlich zu dem Angebot erhalten die Schulen einen Warenkorbtypo3/ mit Software für die aktive Medienarbeit. Um auch die Kommunen in Fragen der technischen Ausstattung einzubeziehen, wird zusammen mit den Kommunalen Landesverbänden die Ausschreibung für einen vorkonfigurierten Server geprüft, den alle Grundschulen dann mitsamt der vorkonfigurierten Software abrufen könnten. Eine weitere Empfehlung ist laut Wolfgang Kraft die Einrichtung von Medienecken in jedem Klassenzimmer. Sollten die Kommunen noch mehr Mittel zur Verfügung stellen können, wären auch abschaltbare und damit strahlenarme WLAN-Netzwerke zur mobilen Gerätenutzung denkbar.
Medienbildung: großer Wandel mit kleinen Schritten
Wie die Leitperspektive Medienbildung im Detail in Grundschulen umgesetzt werden kann, erklärte Nadine Giebenhain, Referatsleiterin Pädagogische Unterstützungssysteme am Landesmedienzentrum in Karlsruhe. Sie empfiehlt, dass der Start in die Medienbildung gerade an den Grundschulen mit kleinen überschaubaren Schritten vollzogen wird.
Folien "Leitperspektive Medienbildung im Bildungsplan 2016 - Grundschule" (PDF)
Eine große Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Referenzschulen in den Landkreisen, die bereits die Umsetzung der fächerübergreifenden Medienbildung erproben. Referenzschulen haben deshalb ihre Unterrichtsideen detailliert dokumentiert – von Grundschulen für Grundschulen. Nadine Giebenhain zeigte das anhand des Unterrichtsimpulses „Sommer“: eine Gruppe von Schülerinnen und Schüler gestaltete im Nachmittagsunterricht Sommer-Plakate. Sie malten Bilder, sammelten Wörter, druckten sie aus. Aus einer Kombination der digital und analog entstandenen Elemente wurden letztendlich die Sommerplakate geschaffen. Nadine Giebenhain erklärte, dass stets die Kombination analoger und digitaler Medienarbeit gewünscht ist, keinesfalls sei an eine ausschließliche Arbeit an Tablets und PCs gedacht.
Aktive Medienarbeit: Leitperspektiven im Verbund anwenden
Im Februar 2016 werden bereits 20 Referenzschulen in Baden-Württemberg aktiv sein. Doch was ist mit den Schulen, die keine Referenzschulen sind? Am Beispiel „Deutsch Klasse 3/4" zeigte Nadine Giebenhain wie der neue Bildungsplan auch an solchen Schulen umgesetzt werden kann. Lehrkräfte könnten beispielsweise mithilfe von PCs die Rechtschreibung kontrollieren oder eine „wörtliche Rede“ verfassen lassen. Eine konkrete Unterrichtsidee besteht darin, dass die Schülerinnen und Schüler zu einem Stummfilm mithilfe des PCs einen Dialog verfassen. Dazu müssen sie zuerst die Körperhaltung und Mimik der Darsteller interpretieren. Im zweiten Schritt wird der Dialog mit verteilten Rollen vorgelesen. Die nächste Aufgabe besteht darin, aus dem Dialog eine eigene Fotostory zu produzieren oder den Film mit emotional unterschiedlicher Musik zu hinterlegen. Daran würden die Schülerinnen und Schüler erkennen, wie Medien „beeinflussend“ benutzt werden können. Nadine Giebenhain wählte gezielt dieses Beispiel, um zu veranschaulichen, wie die verschiedenen Leitperspektiven des Bildungsplanes im Verbund eingesetzt werden können. Das Verbraucherthema „Medien als Einflussfaktoren“ passt hier ideal zum Thema „Bildsprache interpretieren“.
Medienbildungskonzepte müssen sukzessive wachsen
Nadine Giebenhain widmete sich auch der Frage, wie Medienbildung nachhaltig in den Schulen verankert werden könnte. Eine wichtige Maßnahme sei, Medienprojekte zu archivieren und allen zugänglich zu machen. Den Schulen muss auch verständlich gemacht werden, dass ein Medienbildungskonzept in der Startphase meist noch nicht vollständig vorhanden ist, sondern allmählich wächst und ergänzt wird. Letztendlich müsse ein Medienbildungskonzept aus folgenden drei Teilen bestehen
- den praktischen Erfahrungen der Schule,
- dem Grundgedanken „Was macht unsere Schule aus? Wie sehen wir Medienbildung?“,
- sowie eines eigenen Medienkompetenzrasters.
Zur Unterstützung bei der Planung und Umsetzung stellt das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg den Medienentwicklungsplan online zur Verfügung: http://www.lmz-bw.de/medienentwicklungsplan. Eine Handreichung zum Medienentwicklungsplan für Grundschulen ist für Anfang 2016 geplant. Zum Abschluss zeigte Nadine Giebenhain noch ein Kunstprojekt, bei dem Schülerinnen und Schüler mit digitalen Malwerkzeugen ein Kunstwerk von Marc Chagall ergänzten.
Vom 3D-Drucker bis zur Trickfilmbox: Medien in der Praxis
In der Pause stellten Schülerinnen und Schüler verschiedene medienpraktische Projekte vor. Im Mittelpunkt stand eine Schülergruppe, die mithilfe von Holzspielfiguren einen Trickfilm produzierte – Bild für Bild, Foto für Foto. In weiteren Gruppen wurde eine digitale Fotostory oder eine Radiobeitrag produziert. Ein weiterer technischer Hingucker war der 3D-Drucker der Medienwerkstatt am Kreismedienzentrum Heidenheim. Hiermit können aus Kunststoff kleine Plastikfiguren, wie Autos oder Schatzkisten gedruckt werden. Alexander Richter, Technischer Berater am Kreismedienzentrum Heidenheim, erklärte, dass solch ein Drucker im Technik- oder Kunst-Unterricht oder in beruflichen Schulen anwendbar ist. Der eingesetzte Kunststoff sei ein Produkt auf Basis einer Maisstärke und gesundheitlich unbedenklich.
Von der Filmrolle über die DVD bis zum Online-Verleih
Viktor Wagner, Leiter des Kreismedienzentrums (KMZ) Heidenheim, erklärte während des Tages die umfangreiche Historie des Medienzentrums – von den 16-Millimeter-Filmrollen über die VHS-Kassette bis hin zur DVD bzw. der Online-Distribution von Medien. Die ersten beiden wurden in Heidenheim weitgehend ausrangiert. Heutzutage bietet das KMZ Heidenheim allein für die Grundschule über 1500 verschiedenen Medien an. Viktor Wagner erläuterte, wie man mithilfe der Medienrecherche Unterrichtsmodule bzw. Medien für die Grundschule bestellen kann. Das Prozedere ist kinderleicht: Medien recherchieren, am KMZ reservieren und abholen bzw. von SESAM herunterladen. Die Lehrkräfte benötigen eine Anmeldung bei SESAM, dem Portal für Bildungsmedien des Landesmedienzentrums Baden-Württemgerg. Die dort recherchierbaren Medien sind nicht nur von Lehrkräften auf ihre Unterrichtseignung geprüft, sondern auch lizenzrechtlich unbedenklich einsetzbar.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren von Alexander Richter, dem technischen Berater am KMZ Heidenheim, Details über den Geräteverleih (Beamern, Lautsprechern, Mischpulten, Fotokameras, Mikrophone und GPS-Geräte). Darüber hinaus kann man auch ein Set für Trickfilmworkshops ausleihen, bestehend aus Laptop, grundschultauglicher Software, einem Lichtzelt sowie den Kameras. Für die Nutzung bietet das KMZ ein umfangreiches Fortbildungsprogramm an.
Unterrichtsbegleitende Beratung: Technik und Kollegen zum „Ausleihen“
Thomas Löcher, medienpädagogischer Berater am KMZ Heidenheim, stellte mit einem Augenzwinkern die unterrichtsbegleitende Beratung vor: Schulen können nicht nur Geräte ausleihen, sondern auch die entsprechenden Kollegen dazu. In einem vorbereitenden Treffen wird eine Unterrichtseinheit geplant, diese wird dann zusammen mit den Kollegen in der Schule durchgeführt.
Einen weiteren wertvoller Tipp lieferte der Heidenheimer Schulnetzberater Jan von der Osten: den Medienentwicklungsplan-Fragebogen. Im Fragebogen erarbeitet sich eine Schule eine zwei- bis fünfjährige Planung für den Einsatz von Medien. Dieser Fragebogen würde den Schulen wiederum dabei helfen, bei den Schulträgern pädagogisch zu begründen, warum sie welche Geräte anschaffen wollen.
Pilotprojekt: individuelle Lehrerbegleitung war notwendig
Simone Honold, Rektorin der Ostschule Heidenheim, ist mit ihrer Schule seit 2012/13 beim Projekt „Medienbildung in der Grundschule“ dabei und berichtete von ihren Erfahrungen. Die Schule wurde mit 18 Laptops ausgestattet, was flexibleres Arbeiten unabhängig vom Computerraum ermöglichen sollte. Die Resonanz in der Schule war eine durchweg positive. Schnell nahmen auch Lehrkräfte, die nicht im Pilotprojekt involviert waren, die Geräte in Beschlag. Das Projekt konnte aber nur mithilfe einer intensiven Betreuung der Lehrkräfte durchgeführt werden. Sie wurden über den ganzen Zeitraum hinweg individuell begleitet. Im Kollegium wurden zusätzlich Fortbildungen und Medientage mit dem Ziel durchgeführt, dass die Mediennutzung langfristig ihren Platz im Schulalltag erhält.
Die Initiative Kindermedienland Baden-Württemberg will Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen beim Umgang mit Medien unterstützen. Dazu organisieren jedes Jahr 60 Stadt- und Kreismedienzentren zusammen mit dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg landkreisbezogene Medienkompetenztage. Aktuelle Fragestellungen aus dem Bereich der Medienbildung werden aufgegriffen, entsprechende Modelle und Projekte vorgestellt und medienpolitisch tätigen Institutionen die Möglichkeit zur Präsentation gegeben.
Bildungsplan 2016
MediaCulture-Online
Projektüberblick: Medienbildung in der Grundschule
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Referenzschulen in Baden-Württemberg
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Medienentwicklungsplan (MEP)
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Medienrecherche
Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ)
Kreismedienzentrum Heidenheim
Landkreis Heidenheim
Lehrer sollen Kindern den Umgang mit Medien beibringen
Bericht aus der Heidenheimer Zeitung vom 12.12.2015.